Patenschaft – eine etwas andere Idee.

Im Ö1-Reisemagazin hörte ich einen Bericht über „shade-tours“, einem Unternehmen, das sich dem Thema Armut & Obdachlosigkeit auf sehr kreative Art nähert: Betroffene berichten über IHR Leben auf der Straße, sie geben Einblick in das österr. Sozialsystem und beantworten (auch dumme) Fragen, weil jemand wie ich sich dieses Leben ja gar nicht vorstellen kann, einmal abgesehen von den – falschen – Bildern in meinem Kopf, dass es sich um ältere, alkoholkranke, verwahrloste Männer auf irgend einer Parkbank mit Doppelliterflasche in der Hand handelt. Weit gefehlt. Die Geschichten, die peers erzählten, brachten mir erst zu Bewußtsein, dass solch’ ein Schicksal JEDERMANN (-FRAU) treffen kann: ein wenig patschert, ein bißl Pech, plötzlich krank,…., schon droht der Absturz.
Beeindruckt von der eleganten Akademikern, die unsere Gruppe durch Wien führte – IHRE Armut war für mich vollkommen unsichtbar – beschloss ich, ihr persönlich 3 Jahre lang 50€ monatlich zu überweisen; von 250€ pro Monat mußte sie leben. In Wien. Als nach 3 Jahren dieser DA ausgelaufen ist, suchte ich eine neue „Zielperson“ und richtete abermals einen DA, diesmal für 4 Jahre, ein. Die sensationelle Erfahrung, dass mir diese 50€ nicht & nirgends fehlten – kein Hunger, keine Einschränkung meiner Lebensqualität, absolut kein Defizitgefühl – reicht, dies’ auch weiterhin in sensibler Form zu tun: absolut NIEMALS darf ein hierarchisches, demütigendes Gefühl beim Empfänger aufkommen. Die Bibel – ein kluges Buch – empfiehlt, den „Zehent“ seines Einkommens zu spenden. Genau konträr dazu steht das Ablaß- und Almosenwesen – Martin Luther läßt grüßen! Das Almosenwesen pervertierte eine gesellschaftliche Schieflage, in der sich der Adel durch Almosen, also Spenden an – dadurch instrumentalisierte – Bedürftige, sozusagen einen Logenplatz im Himmel erwerben konnte. WODURCH der Adel (heute nennt man dieses Kollektiv „Eliten“) zu den Ressourcen gekommen ist, wurde nicht in Frage gestellt…Diese nach wie vor aufrechte Schieflage inne rhalb der Gesellschaft, die die gesetzlich verankerte „Gleichheit “ – von Brüderlichkeit ist nicht einmal mehr die Rede! – im Bezug auf Teilhabe tagtäglich konterkariert, ist unerträglich.
MENA – MitarbeiterInnen halten im Rahmen ihrer Möglichkeiten dagegen: sie spenden ihre Zeit, sie spenden ihre Arbeitskraft, ihre Kompetenz, sie agieren als Türöffner für ausgesperrte, einsame, hilflos verzweifelte Menschen. Und in diesem kleinen Rahmen sollte auch die Idee einer Patenschaft Platz greifen. Schon 15 – 20 €/ monatlich, für manche keine allzu große Belastung, für ein armutsgefährdetes Schulkind vielleicht ein Taschengeld, um Teilhabe durch ein ungesundes, aber „cooles“ red bull gegenüber den wohlhabenden Typen sichtbar zu leben.
Patenschaft sehe ich als EINE Möglichkeit, einem brüchigen Leben für begrenzte Zeit Sicherheit zu geben, was immer der Empfänger / die Empfängerin damit macht. NICHT wir, die abgesicherten Personen, sind die „Wohltäter’, denen man für „ewig und 3 Tage“ zu Dank verpflichtet ist. Nein, wir erweitern nur unser Wohlfühlerlebnis, dieses wouw, wenn uns der Opa oder die Tante unter der Hand einen Schein zugesteckt hatten, auf Personen, die das NICHT kennen.
Elisabeth Distlberger

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